Respice finem: Tod ist der dritte Teil des dreiteiligen Gedichts Respice finem: Trotz — Taub — Tod (Teil I, II).
Ein schamhafter Dionysos. Bin so gestaltlos im Frühling, dann immer wieder diese Tageinbrüche, Tageingerüche … immerzu tagausgetragen mit schweren Gewichten an den Fesseln. Leck mit deiner Zunge ein letztes Mal mein Ohr aus. Ich torkle durch die Gassen, als wär ich nicht einsam. Die Haut meines Gesichts Ist vielleicht das Letzte, was ich noch spüre. Letzte Resttupfer einer an mir klebenden Wirklichkeit. Ich kratze mich auf und klebe an dir wie ein sich an allen Ecken aufrollendes Pflaster. Der Schall der Schuhabsätze an den Häuserwänden … Wie Schreie, die mich einst liebten. Bis hinein in meinen fremden Unterleib und von dort hinauf bis ins Flügeln … Kurz nachdem er gegangen war, endlichhhhh, entdeckte ich im Garten rot blühende, fast verglühende Johannisbeeren: sie lachten. Und daneben ihre Schwarzen. Die warn mir fast lieber. Wegen ihrer widerspenstigen Haut. Haben sie dich vielleicht erkannt? Ein kurzes Aussetzen eines einzelnen Wortes kann mitunter alles bedeuten. Vielleicht wirst du den anderen Alles abverlangen. Es sind deine Instinktverzückungen, die ich nie vergessen werde. Und sie werden immer bleiben. Nur ich. Ich hab darin nichts verloren. Womöglich hätt ich Lust aufn Kaffee. Mit oder ohne Milch. Es entscheidet die hintere Zunge. Nah am Abgrund. Kommt auf die Verleumdungen an. Oder Zweifel. Im uns gab es weder Zweifel noch Verrat. Es sind bloße Verliebnisse. Oh ja. Vergebliche Verliebnisse. Du willst leiden. Hat Marizz mir immer gesagt. Du liebst es, zu leiden! Zu anders berührt. Fakking Haut. Ein Streicheln. Was Abhängig macht. Wie in meine Seele … greifen. Ich hätte es getan. Das nämlich nimmt dir keiner mehr! Ihre Spucke. Beim Schreien. Ins Nichts. Ins Belangslose. Der Moment, der dich erhebt. Zum Gott des Nichts. So kommt Karl. Tritt in dein Leben. Eine völlige Belanglosigkeit. Wie die meisten. Manchmal sitzt die Ungerechtigkeit Im Schneidersitz vor deinem Willen. Im Kehlkopf. Wie queer hängende Noten. Sie ist … oder wär … eine Note … Wie eine Schwarze Johannisbeere. Denke ich. So denke ich nicht lange weiter. Spür ich dagegen meinen Unterleib … So soll es keine Nacht mehr geben. Leckt mir das Ohr aus. Dann krieg ich kein Geschimpftes mehr! Mit seinem Wackelmaxx fahren wir an manchen Tagen einfach so ins Feld. Da blühten noch nicht mal die Sauerkirschen. Irgendwann war er nicht mehr Herr seiner Sinne. Wollte seine Zunge anmalen. Wollte niemanden mehr berühren. Wollte nur noch die Welt umarmen. Wohl der Satan. Oder deine Spucke. Solange dein Glück irgendwo anders glänzt. Schon der Anfang war ein Genuss. Aufruhr. Versinnlicht. Tiefe. Orgiastisch. Hoffentlich schrie der Text nicht zu sehr nach seinen eigenen Erklärungen. Das Bühnenbild – eine Kloake, ein durchsichtiger Schacht am Ende des Ich, das überall ist … aus Plastik, halb gerundet mit einer kleinen Öffnung, die es nur unter größter Anstrengung gestattet, nach oben oder unten auszuatmen … kurzum: geniale Reduktion aufs Einfachste ins Feinste. Mit dreckiger Wirkung. Sprachkörperlich beinah. Das also ist dein Glück. Ein hündisches Nacherzählen. In Noten. (hihi) Sei ehrlich. Du lagst immer nur auf mir wie ein zerborstenes Schweigen. Wie ein Zerbrochenes. Verweigern. Tausendfüssig. Wieso immer diese belanglosen, immer wieder belanglosen Entschuldigungen (die ich so gerne hör). Meine Wut wird … Immer ekliger. Und schöhner! (Musik kräftig) Wann brennt in Euren Blicken Wieder das Begehren? Euer Aufbegehren geht mir nicht in den Unterleib. Muss so einer wie ich geboren werden? Allez! Meine Blicke haben dein Kleid zerwühlt. Immer mehr verwildert. Mein Käfig war mein Abgrund: ein letzter Rest von Würde. Dein Lächeln war schelmisch, als wir uns kleeblätterten. Manchmal spürt man ganz tief in sich. Karl?! Du gehörst zu mir . Und deine Mutter … … ist für dich die Königin der Nacht. Junge, komm her, lass dich umarmen. … deine Liebe … Ich will zu meiner Mutter. Sie tut dir nicht gut. Itzo. Sie will dich nicht mehr. Wollte dich noch nie. Lüg nicht, Onkelchen. Nun, lass sie, mein kleiner Engel. Sie geht bald zu den Luden zurück. Kasper war dir doch ein guter Vater, oder? Ja, aber er ist tot. Ich will … zu meiner Mutter! Wenn du ein Musikus bist … … bin ich … … dann bist du ganz schön kalt. Was meint er damit? Würd ihn gerne Wittgenstein nennen. Oder Ludwig Columbus. Mein feines Karlchen. Hast ja recht: Mit fehlt ein Garten. Und ein Mensch. Mein Mensch. So. Nun dreh dich um. Und bück dich. So kann dich besser treffen … Erinnerung: War wohl gut so, dass ich nie gehört hab, was du mir wirklich nie ins Ohr geflüstert hast. Du hättest auch schreien können. Manchmal spricht nur noch mein Fatum zu mir: Sollte ich es lieben? Wie dich. Es geht im Leben nie um dich oder mich. Sind Sie, Onkelchen, schon mal verletzt worden? Klar, sonst wären Sie nicht so verbittert. Und nun … muss ich büßen? Kein Mensch, schon gar keine Frau, will noch was mit Ihnen zu tun haben. Ich hab es wohl verdient. Bis wir nur ein Punkt sind. Ein einziger. Ein aufrecht stehendes und sich selbst anflehendes Stück Fleisch. Mit oder ohne Würde. Spielt es eine Rolle. Bis ein ein Regentropfen die einzige Liebkosung ist. Alles andere nur noch eine Demütigung. Aber du wehrst dich. Vor den kleinen Fliegen. Deine Scham aber: Sie schämt sich weiter. Ohne Warum im Blut. Bis du dich selbst nicht mehr hören konntest. Alles andere ist jetzt eine einzige Demütigung. Und allmählich versteh ich dich, warum jeder Fliege die Flügel ausreißen willst. Hast du das nicht vorhin schon gesagt? Du Unhirn. Willst mich nur quälen. Was hab ich vorhin … vorhin … vorhin … Halt dein Maul! Bis man sich selbst kaum noch hört. Und eines Tages schämt dafür. Dein grosses Glück war: Nur noch dich zu hörn! Was willst du mir damit sagen? Kasper, mein geliebtes Bruderherz, der Himmel hat dich selig. Und die Götter sowieso. Wenn sie nicht mal wieder besoffen sind. Das musst du doch einsehn. Deine Johanna war eine Schlampe. Und sie wird es immer bleiben. Nur wegen ihr … … hast du es nie gespürt … … sind wir so lange keine richtigen Brüder mehr gewesen. Du hast mit der Zeit immer mehr ihren Geruch angenommen. Ich konnte nicht mehr ertragen, dass auch du nur noch nach Schwefel und Kleister gestunken hast … Und sie soll deinen Karl behalten? Bliebe er bei ihr – Kasper, hab dich selig -, dann wird es ein kleiner Gauner werden. Und nichts mehr mit sich selber anfangen können. Hatte er je ein Selber? Wie seine Mutter. Wie konntest du sie nur lieben? Vielleicht wirst du … falls du mich hörst … und ich dich … Oder gibt da oben keine Stimmen? Red jetzt nicht von dem jungen Fleisch, das du immer begehrt hast … Braucht man neben den Göttern Überhaupt ein Ohr? Vielleicht wirst du, falls du mich dennoch hörst, mich verstehen … … wenn ich den armen Karl zu mir hole. (Kasper dreht sich im Grab um: Karl wird dir antworten. Bald.) Aus dem Licht getragenes Violett. Kaum Abend. Die Denkerpose einer Blume aus der Vase. Unterleibsverborgen. Bin noch nicht so weit. Um mich auszuseelen. Es blendet das Vergangene. Liegt wie eine Schweinehälfte auf mir. Die Farben der Natur sind keine Gesichter. Immer mehr. Später, wenn ich befürchten müsste, dass ich mehr gelangweilte Sätze mit irgendwem gewechselt als geschrieben hätte … Später, wenn mir der Sabber aus dem Hirn läuft und die Erde sich immer nur um sich selbst dreht, als sei also nur unter uns Menschen ein Fortschreiten zu erkennen … Später, wenn du wieder mal mit einem offenen Gesicht im Hausflur stehst und mich anlächelst, als wärst du eine völlig Veränderte, wie Verfrühte, als der Teufel uns unsere 5 Sinne nahm … Später werden wir unsere Grimassen wieder ausgraben. In meinen letzten Jahren bedürfte ich einiger Gleichgültigkeit. Früher hab ich oft gedacht: Ich rede zu viel. Rede zu viel um mich herum. Aus jedem Wort quoll das Gefühl, überflüssig zu sein. Hab dann nicht mehr verstanden, warum ich nichts mehr von mir selber wollte. Der Buchstabe. Das Unbehagen. Okay, wir vertragen uns wieder. Jetzt mach doch nicht auf Dramatik. Ich mach nicht zwischen geifernden Clown und Gnom … kannste vergessen wa. Wie also sollte mich jemals eine von diesen tollen fleischlichen Weibern in Halbgötterschminke mich lieben. Wurde ich etwa erlöst? Und hab umsonst gelitten? Plötzlich wurde es nur noch eine halbe Liebe: out of Wirklichkeit. Meiner unsterblichen Geliebten würd ich auch später noch schreiben: es gab nie einen Bahnsteig oder wir kriechen immer wieder auf uns zu. Welch eine Sehnsucht mit Tränen nach dir … (ein Stück) Welch ein Leben ohne dich … Mein Alles. Ich lebe mich nun fort. Musste mir sodann das Absurde meiner Stimme gönnen. Ich hörte sie kaum noch. Aber es bleib mein versoffenes Ab-Gründiges. Die ausgetrunkene Flasche Wein falschrum. In der Innentasche des alten Mantels. Du stankst immer schon wie‘n Vernachlässigter. Und die letzten drei Tropfen, die mir auch noch die Wirklichkeit nehmen. Ein Reinschluchten. Und Rausschlachten. Sich aus sich selbst tränken. Und immer wieder … immer wieder … jeden Tag aufs Neue mein Gesicht in die Welt halten müssen. Wie lange schon – weißt du es – Drück ich meine Nase an die kalte Fensterscheibe. Und hör niemanden. Und seh niemanden. All meine Sinne weichen sich ein In ein ausgewrungnes Farbenspiel. In den ersten Momenten … Als drehte sich der Hals sich wie von selbst um … war alles ein Abenteuer. Wie aus Freiheit. Stilles Ausatmen. Mit den vielen Wörtern unter der Zunge. Dann mit einem Mal: kam alles über mich. Verstoßen und hineingedrückt in meinen eigenen Gehörgang. Unerhört wie wenn man schreit. Wie hab ich es verspöttelt und bespuckt: dieses verderbte Fatum. Amor fati ist ein Hirngespinst. Eine Veratmung. Wie da doch der Dreck des eignen Gartens unter den Fingernägeln am andern Morgen so herrlich riecht. Wie nicht mehr rauskommen können Aus dem Wald, wenn die Blätter nicht mehr berauschen. Was Marizz, meine erste große Liebe, nie verstehen wollte: Wie sich davonschleichen. Auf Taubenfüßen. Wie nicht mehr sprechen. Nie mehr sprechen. Nur noch hören. In sich hineinzuhören. Ein Pfeifen: Nur noch ein Pfeifen zu hören. El Silbo … Kaum sah ich sie, wollt ich ihr sonnenblondes Haar ablecken. Eine schwindsüchtige Liebe … So neckte ich sie … Und sie wurde zornesrot … Mitsamt ihrem herrlichen Gesäß. Diese überschwängliche Form, in der ich nur noch … jedes Mal aufs Neue … verschwinden wollte … wollte … Hanne … wohl werden wir uns nie mehr wiedersehn und nie mehr lieben … Du rochst manchmal so wie meine angeliebte Mutterseele. Wie sollte ich sonst süchtig werden nach meinem Verschwinden? Sie rochen wohl beide nach Erde. Sucht man sich denn das Einsame selber aus … so begreif ich keinen Gott mehr in mir. Sich trinken. Als du vom Tanzen kamst, wusste ich gleich, dass du dich nicht verschenkt hast. Ein Schweigen dringt tiefer. Es lebt sich später auch nicht davon. Dein Mundöffnen war kein Verraten … Es war nur ein Moment hinter dem Auge, nur ein Verdeuten: Ich bedräng dich mit deiner eigenen Hautlichkeit. Als du meinen Schweiß wieder geleckt hast, schlug die Tür vom Durchzug, heisse Sommerluft, laut zu. Wir erschraken. Lachten. Und tranken uns. Karl ist jetzt bei mir. Endlich. Er wird allmählich ein toller Mensch. Sein unschuldiges Atmen berührt mich. Fast ohne Vergangenheit. Fast ohne Unreinheit. Wie sein Gesicht. Wie eine fein geschnittne Liebe. Die mich nicht mehr verlässt. Ein erstes Mal: ohne Mitleid. Und Verhurung. Mir fehlt ein Garten. Mir fehlt mein Garten. Und ein Mensch. Mein Mensch. Das Schlimmste ist, wenn man bei lebendigem Leibe verschwindet. War’s vielleicht ganz gut, dass ich nie gehört hab, was du mir ins Ohr geflüstert hast. Habs nur verspürt. Es war nicht feucht genug. Hättst du doch aus meinem Kopf einen Tümpel oder eine Pfütze gemacht. Im Bett des Prokrustes passt halt nichts. Vielleicht ist er mein Liebesengel. Und ich hätte dir zurückgeflüstert: Überall bin ich immer ohne dich. Überall werde ich sein … Ohne mich. Meine Angst aus beschmutzten Laken. Meine Angst aus Götterteufeln. Meine Füße ragen im Süden über die Bettkante hinaus. Meine Zunge wird nur noch ein Mal in der Woche berührt. Es küsst sich alles ohne mich. Doch ich hasse mein Leben nicht. Vielleicht nicht mal mein Schicksal. Manchmal ist es unerträglich: zu leben. Es wucht mein Herz dann bis zum Hals. Und Dionysos, der Pfeilverliebte, schießt mit der ersten Note in dieses Pochen. Wie die Entdeckung der Lüge, wenn man zu lange hinhört. Nun sind es also doch Elfen, die um mich herum schwirren. Sie allein lassen mich einen Atemzug weiter leben. Nun schnapp ich mir aus deiner Stimme ein Verhör. Dein warmes Herz. Versteh es erst allmählich. Wie in mich eingeliebt. Wie eine Himmelsfurche. Zwischen-Mensch-Himmel. Streichel deine Brust. Du lässt einfach deinen Kopf in meinen verschwitzten Hals fallen. Dein Atem fiedert sich in mich wie zu einem Flügel. Wir hörn doch wohl eh nichts, wenn wir davonfliegen. Abgebrochene Uhrzeiger in Gold. Deine Wimpern baumeln im See wie im Wind. Als wär’s mal eine Sehnsucht gewesen … zwischen uns. Es hält mich nichts mehr auf. Nun ist es bald Mitternacht. Kennst du Turner? William. Vorher hat der Mond mir noch nie was zugeflüstert. Oh Gott, ist das alles teuflisch. Der Dämon lacht. Hörst du ihn? Weiß nicht mehr, wann ich zuletzt bei mir war. Bald, vielleicht nie, für ein ungeheures Ohr. Oder meiner Unsterblichen. Ich will sie mit ihrer Zunge in mein Gesicht malen. Nun liebt sich alles aus mir heraus: Mit zertrümmerten Lippen. … und es dreht sich … Alles dreht sich. Wie wenn ich dich bald vertonte. Wie wenn ich dich bald verthronte. Meine Liebliche. Wie war noch mal dein Name? Da wusste noch keiner von uns, dass wir ein bloßes Als-Ob sind. Da wusste ich, dass du es nicht bist, die sich durch einen einzigen Regentropfen zerstören lassen will … … und jetzt lach ich mich mehr und mehr aus … Yeah! So klatschen nachts die Regentropfen ans Fenster … von draußen. Von drinnen nicht! Zum Glück bin ich kein Wassermann. Der sich nicht für sich selber interessiert. Was andre sagten … Und nicht nur sie … sondern ich selber: Ich konnte es nicht mehr hören!! Es hat mich alles zutiefst gelangweilt. Das Leiden … wer weiß … Meine transzendentale Apperzeption verstopft meinen Einfluss auf meinen Karl überhaupt nicht. Ich hab ihn gefragt. Gestern. Er wird mich retten. Wenn er mit mir spricht … und er drückt dieses Ohrrohr so sanft in mich … dann fühl ich ihn … fast … ganz nah … als wär ich es selber, der noch lebt. Die Abschaffung der Stimme. Man sollte nur noch singen. Oder schweigen. Und wer sich versteht, braucht kein Trotzdem mehr. Vielleicht wächst eine neue Haut zwischen dem Schweigen? Ein ganz neues Berühren? Verschwindet! (Schreit) Warum? Muss ich mich berühren, um noch zu fühlen, ob ich wirklich bin? Lasst mich los!! Ich fress euch auf. Und schluck euch runter. Ich … ich werde euch … werde euch … Vernichten … wie ihr mich zermalmt … Wein! Wein! Teufel! Gib ihn mir! Tod! Tod! Leck ihn ab. Er soll mein Leben zerfressen. Lass meinen Hals los … Lass ihn los … Du bist zu erbärmlich. Zu erbärmlich für mich. Mein Aufbegehren wird dich zertrampeln. Brauch bloß Blut. Um weiteratmen zu können. Eine Note noch. Sie ist mehr wert als mein Atem. Die Bedeutung der Bedeutungslosen. Saug mir den Saft des Teufels ausm Hals! Noch ein Werk. Egal. Lasst mich nie mehr hören. Egal. Lasst mich noch … noch … leben! Leben! Ein Verschwundener. Aus seiner Gegenwart den Stöpsel rausziehen. Wär so gerner … bei dir. Dein Mund. Vielleicht ist es ja alles nur ein Behühn. Pflückst du den Tag? Später. Karl. Kaaaaarl. Du Hurensohn. Wo steckst du? Du Nichts. Als was … Ich weiß, dass du sie fickst. Aber du schmeckst sie doch gar nicht. Diese Nuance spürst du nicht. Diese feine Geste hast du nicht. Beim Stoßen. Nur in sie! Eine Möse nur zum Abspritzen gebrauchen. Das schaffst du nicht. Schaffst es nicht mal, Schwarze Johannisbeeren zu pflücken Und sie zu zerkauen. Lutsch ihre schwarze Haut ab und beiß rein. Warum nimmt er sie unterm Kirschbaum? Die Rinde? Ihre Zunge auf deine Eier eintätowieren lassen. Er brennt halt für nichts. Karl: Sie waren alle so schön. Hab sie aber nie geschmeckt. So wirklich. Onkelchen: Sie wollten einen frischen Schwanz. So was wie Rhabarber. Spürten, dass du rumirrst. Dir hat noch nie was geschmeckt? Du warst wohl noch nie In einem Pflaumenbaum, Onkelchen. Du verlebst dich. In einer bloßen feuchten Möse. Ach, meine Huren. Wie lieb ich sie. Iirgendwie. Sie sind so schön anzusehen. Und müssen nicht sprechen. Man sollte die Sprache abschaffen. Eines Tages vielleicht wirst du es begreifen: Dass auch du dein ganzes Leben lang bloß zwischen Gott und Grammatik herumexistiert hast. Dass du immer nur darunter gelegen hast. Du Subjekt … da kukkste, was? Von sub jacere … darunter liegen. Und dass du immer geglaubt hast, dass du zwischen Subjekt und Objekt so was wie deine eigene Erhabenheit schmeckst hahaha… (Musik: rockige) Würdevoll bedeutungslos werden. Ich fürchte, Onkelchen, dir bleibt nur der Ruhm. Deine Welt will berührt werden. Nur noch deine eigene Welt fällt auf dich herein. Auch kein hübsches Gesichtchen mehr. Gesichtchen? Du Bastard. Sieh dir deins an in irgendeinem Spiegel. Sieh es dir einfach mal an: Sieht es nicht nach Entmannung aus hahaha… Erkennst du deine Mutter in dir. Ein Flittchen wie im Nachtschatten einer Gosse. Die deinen Vater ins Grab gerammelt hat. Mit all den anderen Männern. Diesen vielen Böcken … … wie du auch einer bist … Dein hübsches Gesichtchen verlässt dich auch eines Tages. (Beethoven schreit Johanna, die Mutter seines Neffen Karl, im Traum an: „Bück dich, du Sau!“ … und stößt dann tief und heftig ein; dann beginnt er, sie zu würgen … immer wilder werdend … alles in deinen Arsch. Alles in deinen saftigen fleischigen Arsch! Schweißgebadet wacht er plötzlich auf! „Lustmord“ flüstert eine Stimme aus dem Hintergrund. Dann auch aus dem Hintergrund Karls Stimme: „Bis nächste Woche, meine Hübsche. Eine Prise e-Dur für dein süßes Gesichtchen. - Ich vergess nie mehr deine schleimige Stimme, Onkelchen!“) Karl, aus dem Koma aufwachend: Hab ihn … mit meinem Schweigen … mit meinem Blut … von einer Sekunde auf die andere … zerstört … Hab ihn mit meiner Zerstörung zerstört! Lass mich los! Lass sie los! Durst. Wasser. Bitte, Wasser. Hallo, Herr Karl, wollen Sie Ihren Onkel sehen? Nein. Ja. Mutter. Wo bist du? Komm her. Komm her. Wo bist du? Sind wir einmal einmal verletzt worden, werden wir immer verletzlicher. Hab so oft davon, dass ich nicht mehr mein eigenes Fleisch bin. Du liebst den Regentropfen auf deiner Haut. Ich … von innen. Das halt ist meine Verdammnis: Abgründe ausschlürfen. Wär’s so was wie Liebe? Sich die Kugel geben. Ins Beißende … saftig … grasen. Auf ein viel mehr noch an Leben hoffen. … Was willst du noch, Karl? Komm wieder zu dir. Karl: … gesund? – Hörst du mir jetzt endlich zu, Onkelchen? Oder soll ich dich Spagnol nennen? Warum haben deine Freunde dich früher so genannt? Hast du noch welche? Du bist blass geworden. Blass, versoffen und langweilig. (von weither ein Lachen) Ich werde auf jeden Fall in den Krieg ziehen. Und du wirst um die Menschheit mit deiner Tinte kämpfen. Der größte Krieg findet im Kopf statt. Dann … wenn du die Miete überweisen und dir deine Flaschen schlechten Weins besorgen und dir mit irgendwas den Arsch abputzen musst … oh je, jetzt red ich schon so wie mein Amadeus-Schizo, dem das Ganze gar nicht so viel Spaß bereitet hat … er tat nur so … und nun dreht er sich wie eine Kugel im Grab rum … Dann also, wenn die Wirklichkeit keine Qual, sondern ein Ausweg und fast eine Erlösung ist, dann, mein Freund, und nur dann … hast du Recht, dir den Kopf vom Hals zu spalten. Außerdem bist du eine Memme: Wenn man sich schon innen Kopf schießt, dann sollte der letzte Rest vom Mandelkern ganz oben im Baum hängen bleiben … nur über den Wipfeln ist Ruh. Ich glaube, der Mond hat mir noch nie was zugeflüstert. Tinte dein Notenblatt mal voll für ungeheure Ohren. Und plötzlich singt im Wald ein Kolibri mein Requiem. So bunt, wie ein einziger einsamer Seufzer nur sein kann. Und dann fallen mit dir alle Bäume um. Nur die Trauerweide blieb stehen. Als ob sie weinte. Was redest du, Junge? Was … tust .. du … mir an. Und kicherte laut los. Dann begann es lautlos zu regnen. Am Himmel aber keine Wolke. Ich sah ja schließlich hoch. Zwischen den Baumkronen war es blau. Ein Loch voller Blau. Und unter mir war das Moos wie ein Kissen. Du spürst nur noch, dass dich kaum im Leben was interessiert hat. Und plötzlich begann die „Königin der Nacht“ laut zu schrein. Ich hab sie doch bloß so genannt, Junge. Deine Mutter war doch nur … ein kleines naives Mädchen. Sie roch immer ein wenig nach Kleister. … ja, das tat sie. Und du, Spangiol, hast uns auseinandergerissen. Wie Haut, die zum Fleisch gehört. Hautlos hast du uns verbluten lassen. Bis dich nicht mal mehr dein Schicksal geliebt hat und du leerer ins Bett gestiegen bist als alleine zu schweigen. Und keinen Schlaf mehr findet. Es regnet in Strömen. Und bald werden wir zu schwach sein, um noch von uns und der Liebe zu sprechen. Am Ende der Dachrinne sammelt sich das Regenwasser. Läuft über. Und platscht auf. Im Nirgendwo. Die Luftbläschen sehen aus wie kichernde Erbsen, die irgendein Halbgott angemalt hat. Aus meinem offenen Kopf verirren sich zerfranste Wörter. Wollen Gedanken werden. Wollen in einen anderen offenen Kopf. Dann ist es Nähe. Ganz nahe Nähe. Wie aneinandergenäht. Und man nicht mal hätte schweigen müssen, um die Liebe tief einzugraben. Wir hätten uns dann einbuddeln können. Unsere Gesichter noch sind zu sehn. Und der Wind verwischt unseren Atem. Es muss immer noch nicht Der letzte seyn. Die rosagrünen Stängel eines Rhabarbers. Waren so zart und viereckig. Im Garten meiner Mutter. Du hast sie gewollt … heimlich. Weißt du, was Rousseau mal über die Freiheit meinte? Die Freiheit des Menschen besteht nicht darin, dass man tut, was man will. Sondern dass man nicht tun muss, was man nicht will! Am Morgen hab ich den Stift aus der Hand gelegt. Als der Tag beginnt, seinen Arsch wieder ins Leben zu drücken. Und das Licht wieder viel zu lange nachdenkt. Und die Wahrheit viel zu müde ist. Und die Sprache nur aus einigen zersprungenen Gefäßen fließt. Als wär der weiße See eine Lügen-Tunte. Als würd das Leben sich nicht für dich interessieren. Als lutschte irgendwer in deinem Kopf herum. Als würd man nach einer Bedeutung für dich suchen. … würdevoll bedeutungslos werden … … würdevoll bedeutungslos seyn … (B. beginnt aus der Nase zu bluten. Er läuft zum Waschtisch und sieht zu, wie sein Blut in heftigen Schüben hineintropft: Es ist schön. Ein wahrhaft schönes Rot. Tropfen vielleicht, die auf meine letzte Abendgemahlin treffen? Hab mein Leben lang nur schlechten Wein in meinen Hals geschüttet. Nie einem Menschen meine Liebe gestehn können. Vielleicht nie geliebt. Skalpell auf der Zunge. Und von Noten ausgekotzt worden. Womöglich hab ich eigentlich gar nicht existiert. Alles, was ich dachte zu sein, war ein Alibi. Eine andere Wahrheit. Ein Hinauszögern. Ein einziges, viel zu feines Hinauszögern. Ein sich Verausgaben. Ein sich Verschwenden. Wollen. Wenn das Elysium uns ein Vielleicht zuweht. Ein Sandkörnchen im Ohr. Ein kurzes Zähneknirschen. Nur hörbar zwischen den Hirnlappen. Wir brauchten uns nur anzusehn. Wir brauchten nicht zu sprechen. Also so viel mehr. Zur leisen Erwiderung: Das leise Umdrehn in der Nacht. Und das noch leisere Zittern meines Zeigefingers beim Berührn deiner Lippen. Ein Rieseln. Wie aus Fugen. Wie aus geliebten Gemäuern. Es gibt immer eine andere Erinnerung. Wir müssen uns nicht aufschreiben. Onkelchen, jeder hat seine Illusion. Meine ist: Alle Menschen werden … … sag jetzt nicht: Brüder und Schwestern. Deine abgerissene Haut, mein Karl, wird wieder anfangen zu wachsen … dein zerschundenes Fleisch … deine Seele … Kleckse. Wie auf Noten- oder Notizzetteln. Alles nur Kleckse. Ein Sommer- oder Nacht-Mäandern. Leib dich. Je die Einzige wird es sein, die mir den Atem immer und immer wieder in und aus dem Mund schiebt. Oder rausschneidet. Zärtlich oder bitter dringt er in mein Ohr. Der nahste Augenblick des Todes. Die Bewegungen mit den Armen unter mir … Es war nicht mein Schatten. Es war der eigentliche Dirigent, der das Orchester meine Neunte spielen ließ. Mich haben sie nur als Marionette und als Narr so hingestellt, dass das Publikum mich sah – und nicht das Männlein unter mir … das Männlein, das alles im Griff hatte … sogar meine Absurdität … Nur weil ich zu taub war … Nur weil ich zu berühmt war … Nur weil ich ein tauber berühmter Trottel bin … Nur weil alle lachen … mich auslachen … Es schmerzt. Es schmerzt sehr. Aber … ich geb euch den Schmerz zurück. Meine Rache schenk ich euch. Es wird die Zehnte sein. Noch ein einziges Mal aufwachen … (wie tragisch: Er wird die 10. nicht vollenden) Was hab ich: Antilopenwimpern. Du spinnst wohl. Nur wenn ich einen mit meinen Fingerfarben anmale … Wie ins Gesicht fassen … Alles Masken. Wir wollten doch noch weiterreden. Grammatik und Gott. Und dass du trotzdem noch so leidest. Kurz säzz ich mich aus … Dann bist nur noch du … Dich zu ignorieren ist alles, was ich noch für dich tun kann! Büße nun für meinen lieblosen Trotz. Eingepfercht wie in eine Luftblase unter Wasser, fast ein Leben lang. Erwarte ich jetzt eine andere Art meines Atmens. Alle Reue wäre umsonst. Alles Hoffen, alles Bangen, alles Wollen: ist erstickt hinter der Maske eines Schicksals, dem ich nie Herr werden konnte … oder wollte. Gestern früh, es war noch dunkel, bin ich aus einem Traum erwacht, weil ich mir befohlen hatte, nicht mehr weiterträumen zu wollen. Wusste nie, was du fühltest, wenn wir uns umarmten. Rasend konnt ich werden. Dir den Kopf vom Halse reißen. Hab Liebe wohl mit Besitzen verwechselt. Allez! Nicht mal mehr die Götter hassen mich. Wenigstens sie hätten mich doch zerfleischen können … Wenigstens sie. Oft hätt ich dir am liebsten ins Gesicht gespuckt, wenn du lachtest. Oder wenn du mich Spagniol nanntest. Oder dir ein Stück Lippe rausgerissen, wenn du redest. Und mir mein junges Fleisch vor der Nase weggeschnappt hast. Dein zerfressenes Gesicht hätt ich Nicht mal mehr zugenäht ertragen. Ich wär‘ sehr viel lieber ein kleiner Komponist geblieben als ein Halbgott; aber ich habe es nicht gewagt, meine Hybris so weit zu treiben, um seinetwegen die Schaffung der Welt zu unterlassen. Wer bin ich? Das Glück war nicht für mich gemacht. Es blieb mir ein Fremdwort. Wie die Musik. Und dennoch will ich noch ein einziges Mal aufwachen. Und meinem kaum wahr…nehm…baren Echo abmondig lauschen. Ein sanftes Zittern. Ein leises Zersplittern. Ein Versinken. Kurz auftauchen. Sich hinauszögern. Wie über einen See schweben. Durch den Hauch des Eises, der sich wie ein feines Tuch weich über dich legt. Vielleicht war ich selbst bloß ein Vorurteil ??? Gewitter. (es bricht in der Nacht ein Gewitter los) Horchen. Aufbäumen. Tod: glücklich. Nicht so laut!! „Die Neunte“: eine Übersetzung Einmal verletzt, werden wir immer verletzlicher. Meine Lieben, schreit nicht so. Oder schreit’s vor lauter Jauchzen. Bis mir alles so bunt erschiene. Schreit! Schreit! Lauter. Lauter Gänsehaut. Fleisch, schöne Trümmerlotten. Torkel ins Delirium. Barfuß lieg ich dir zu Füßen. Angebetete, wie ein wilder Notenwurm. In den Menschen wird es immer übler. Wo doch sanft die Sehnsucht tropft … So wie du mit deinem Umarmen meine Seele schlürfst. Als wär’s die feinste Zunge im All. Zische mir ins Ohr auch deine Qual. Bin so glücklich. Auch ohne Blume in deinem Schlund. Ist es denn so gesonnt? Wie leise weinend an deinem Mund? Heilig versunken wie im Rausches Schrei. An deinen dionysischen Brüsten. Alles Wüten. Alles Treiben. Vom Verlust bis zu den Lüsten. Weiber war’n da wohl viele. Traumgeformte. Doch zuletzt ist meine Muse nur geblieben, die nie ich berühren durfte. Zitternd die Feder mir führend. Bis ins Klanggemetzel. Fast mit vollen Lippen. Ich begehre dich. Bis zum Aussaugen. Bist du mir ergeben? Und nichts dringt mehr in unser Ohr. Wollt dich immer kriegen: Wort. Laut. Bis wir außer uns warn. Mein Auge sah euch plötzlich alle lieben. Seid umarmt mit allen krallen! Meinen saftigen Schmatz auf aller Haut. Glücklicher, am Himmel muss ein Gekicher kleben. Manch einen Gürtelhieb vergisst man nie. Ebenso wie die schönen Formen der Tiefsten. Weit über den Wonnen muss sie wohl thronen. Bleibt, meine Sabberzungen! Deinen Kuss im heißen Schnee. Lutschmund, deiner wegen muss es einen Gott geben. Dein Flüstern, nur in mir. Blühende Blumen. Stets betrunken. Torkeln ins Delirium. Schöne, funkelst du? Bin versunken …